Exklusivinterviews

Ute Ongsiek. Foto: Marina Oehlerking
Ute Ongsiek. Foto: Marina Oehlerking

 

Exklusiv-Interview mit Ute Ongsiek, Projekt 50 e.V.

 

Weiterbildung tut not

 

 

Früher gab es die Deutsche Bundespost. Lang, lang ist’s her. Sie ging später in die Deutsche Telekom AG über. Noch heute gibt es Probleme, wenn die verbeamteten Mitarbeiter bei Post-Nachfolgerin Deutsche Telekom auf ihren Mitarbeiterrechten bestehen. Dabei kommt es für den Betriebsrat unter anderem auf großes Verhandlungsgeschick, aber auch Erdung in der Belegschaft und eine fortlaufende Weiterbildung an, wie Ute Ongsiek, langjährige Betriebsrätin Deutsche Telekom AG, Bonn, im Gespräch mit Friedrich Oehlerking aus eigener bitterer Erfahrung zu berichten weiß. Auszüge


Mitglied von Anfang an

Politisch unabhängig

Bewerbermanagement der öffentlichen Verwaltung

Zähes Ringen

Bildung tut not

Oehlerking: Sie verfügen über einen reichen Erfahrungsschatz in der Betriebsratsarbeit. Für welche Unternehmen waren Sie in welchen Betriebsratsfunktionen und als Mitarbeiterin tätig?

 

Ute Ongsiek: 1972 trat ich in die Deutsche Post-Gewerkschaft (DPG), eine Vorläuferorganisation der ver.di, ein. Über 30 Jahre lang war ich Mitglied und bin dann über die Liste der ProT-in in diese Funktion gewählt worden.

 

Die proT-in ist der Berufsverband für den Bereich der Telekommunikations- und Informationstechnik. Sie vertritt als behördlich anerkannter Berufsverband die beruflichen und rechtlichen Interessen der Arbeitnehmer und Beamten in den Branchen der Telekommunikations- und Informationstechnik.

 

Die proT-in wurde von Kolleginnen und Kollegen für Kolleginnen und Kollegen als Hilfe zur Selbsthilfe gegründet. Die proT-in ist politisch und organisatorisch unabhängig und wird über den Bundesvorstand und vier Regionalverwaltungen deutschlandweit vertreten.

 

Bis zur Gründung der Vivento, Deutsche Telekom AG im Oktober 2003 war ich nach Stationen bei der Postbank und dem Kabelanbieter ish bei der Deutschen Telekom, seither bei Vivento, dem zentralen Personal- und Servicedienstleister der Deutschen Telekom AG.

 

Mit Sitz in Bonn (Zentrale) ist Vivento bundesweit an 26 Standorten vertreten. Vivento unterstützt Behörden, Länder und Kommunen auf dem Weg in die Zukunft – mit qualifiziertem Fachpersonal und erfahrenen Management-Experten sowie umfassender Lösungs- und Projektkompetenz.

 

Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit sind effiziente und maßgeschneiderte Angebote in den Bereichen Prozess-Outsourcing, Projektmanagement und Fachpersonal sowie umfassende Digitalisierungs- und Servicecenter-Leistungen.

 

Als Betreiber von Interamt.de bietet Vivento der öffentlichen Verwaltung zudem Zugriff auf ein effektives Bewerbermanagement-Tool, das als einzige Plattform in Deutschland Bundes-, Landes- und kommunale Behörden vernetzt.

 

Bereits von Anfang an habe ich mich bei Vivento als Betriebsrätin für die Interessen meiner Kolleginnen und Kollegen eingesetzt. Zunächst als Ersatzmitglied, später dann voll freigestellte Interessenvertreterin.

 

Oehlerking: Sie werden in Ihrer Arbeit als Betriebsrätin den Wert von Kompromissen kennengelernt haben. Was können Sie unseren Lesern als Ihr Rezept in groben Zügen an die Hand geben, wie man einen vernünftigen Kompromiss, und sei es vor Arbeitskampfmaßnahmen, bisweilen in buchstäblich letzter Minute erreichen kann?

 

Ute Ongsiek: Bevor es soweit ist, muss man kämpfen. Ich habe in meiner Zeit als Betriebsrätin immer eine klare Position vertreten. Und dabei geht es immer zunächst um die Interessen, das heißt neben den vielen Pflichten auch die Rechte der Kolleginnen und Kollegen. Die wussten zunächst einmal

immer, was sie an mir hatten. Wir haben klein angefangen. Zunächst mit Stammtischen. Es geht darum, die Menschen mit ins Boot zu nehmen. Dabei geht es um ganz banale Dinge wie zum Beispiel um betriebliche Eingliederung von Beschäftigten, die krank geworden sind, oder Zuweisungen von Tätigkeiten.

 

Oehlerking: Wovon war die Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmervertretung und Arbeitgeberseite im Wesentlichen in Ihrer Betriebsratsarbeit gekennzeichnet: Kampf, Auseinandersetzung, Diskussion, Vertrauen, Deals?

 

Ute Ongsiek: Wie oft bei der Betriebsratsarbeit ist das ein zähes Ringen. Vor allem als Mitglied der Einigungsstelle. Da haben wir Mails geschrieben, Unterlagen eingefordert, Gespräche geführt, per Telefon. Dabei klärt sich vieles. Auch der Eindruck, den die Leitung von mir hatte. Die Gespräche verlaufen dann unter Umständen sehr gut. Wir sind zweigleisig gefahren und hatten durch Eigeninitiative uns weitere Möglichkeiten für die Kollegen verschafft.

 

Oehlerking: Was zeichnete die Arbeit eines Betriebsrates besonders aus?

 

Ute Ongsiek: Um die Interessen der Mitarbeiter mit einiger Aussicht auf Erfolg vertreten zu können, sollten sich Betriebsräte

 

  • in Grundsatzfragen auskennen,

  • strategische Antworten auf neue Entwicklungen finden oder

  • neue Managementmethoden richtig deuten können.

 

Ich habe es als sehr hilfreich empfunden, mich als Betriebsrätin weiterzubilden. Eine der Weiterbildungsmaßnahmen, die ich als die fruchtbarste, aber auch enorm arbeitsintensiv empfunden habe, war ein weiterbildendes berufsbegleitendes Studium an der Akademie der Ruhruniversität Bochum zum „Change Management“. Diese Weiterbildung habe ich mit einem zusätzlichen bundesweiten IHK-Zertifikat und einer prämierten Abschlussarbeit abgeschlossen, was mir in der Betriebsratsarbeit sehr zustatten kam.

 

Neben der Aneignung theoretischer Bewertungen und Rückschlüsse waren für mich als Betriebsrätin das Herausfinden und Erlernen von Methoden und Instrumenten von essentieller Bedeutung, um den Betroffenen Wege innerhalb deren veränderter Situation aufzuzeigen. Und das Erlernen von Kompetenzen, um ihnen dabei möglichst professionell zur Seite zu stehen.

 

Oehlerking: Frau Ongsiek, wir danken für das Gespräch.